Die Güter
Hier kommt nun die Volkswirtschaftslehre ins Spiel. Jeder, der sich mit dem Bau einer Betriebsstelle beschäftigt, die nicht nur dem Personenverkehr dient, sollte sich nicht nur Gedanken über die Gestaltung seiner Betriebsstelle machen, sondern ebenso intensiv über das Geschehen auf seinen Gleisen nachdenken. Das gilt für den Erbauer eines großen Bahnhofs wie den einer kleinen Ladestelle auf dem Lande gleichermaßen.
- Was für ein Umfeld besteht außerhalb der engen Grenzen der Modulkanten?
- Ist da eine große Stadt mit vielen Einwohnern und Arbeitgebern?
- Welche Betriebe haben sich seit der Eröffnung der Eisenbahnstrecke oder auch schon vorher dort angesiedelt?
- Gibt es besondere Bodenschätze, aus denen besondere Produkte hergestellt werden?
- Oder ist es eine hauptsächlich landwirtschaftlich geprägte Gegend, die ihre typischen Güter benötigt oder hervorbringt?
- Gibt es Betriebe, die mit der Menge im Empfang und/oder Versand ihrer Produkte einen eigenen Gleisanschluss rechtfertigen?
Betriebe, die nicht über einen Gleisanschluss verfügen, verladen ihre Güter an der öffentlichen Ladestraße des Bahnhofs.
Sind diese Fragen zur Zufriedenheit beantwortet, gilt es, sich für konkrete Unternehmungen zu entscheiden. Informationen zu seinen Wunschbetrieben findet man vor Ort in seiner Heimatstadt, durch eigene Ansicht, in Stadtarchiven, Bibliotheken, alten Adressbüchern und vielen anderen Quellen.
Diese Quellensuche ist interessanter als es jetzt beim Lesen erscheinen mag. Vor allem gewinnt der zu gestaltende Ort immer mehr Profil und die Umsetzung ins Modell wirkt nachher besonders wirklichkeitsnah. Was passiert mit den so gewonnenen Informationen? Es wird pro Eisenbahnkunde, denn diesen haben wir gerade für unsere Betriebsstelle geschaffen, eine Liste der mit der Bahn bezogenen oder versandten Produkte erstellt. Als nächstes gilt es, sich Vorstellungen über die Produktions- und somit Transportmengen zu machen. Beansprucht die Transportmenge einen kompletten Wagen (eine so genannte Wagenladung), der nur Güter eines Kunden befördert oder handelt es sich um Stückgut, also einzelne Teile (Kisten, Gitterboxen, Paletten, Fässer etc.), die unsere Betriebsstelle mit dem Stückgutwagen erreichen. Und nur die Wagenladungen sind in dieser Betrachtung von Interesse, da die Stückgutwagen auch bei geringer Auslastung jeden Tag in den garantierten Verbindungen 'der verladenden Wirtschaft' im Fahrplan verkehren.
Für diese Wagenladungen erstellen wir jetzt eine Liste, die wir um die benötigten Güterwagengattungen und die zu erwartende Frequenz Produktionsmenge) erweitern (s. Tabelle 2). Für die zu versendenden Frachten benötigte Leerwagen werden ebenfalls anhand dieser Liste ermittelt und eingetragen.
Spätestens in diesem Moment stellt sich die Frage, woher die Güterwagen für unsere Aufträge kommen. Es wird bei den meisten Treffen Mitspieler geben, die zwar nicht mit Betriebsstellen, aber mit Güterwagen anreisen oder sich in ihrem Hobby auf die Superung von Wagen spezialisiert haben. Allgemeiner Konsens ist es im FREMO, die für die eigene Betriebsstelle benötigten Wagen selbst im Gepäck zu haben und beim Treffen auf die Gleise zu stellen.
Welchen Zeitraum die Frachtenliste abdeckt (Tag, Woche, Monat) ist zunächst zweitrangig, es gilt nur, die Zahl der durchschnittlich benötigten Wagenladungen pro Woche zu ermitteln. Diese Zahl sollte jetzt ins Bahnhofsdatenblatt eingetragen werden, das in Martin Meiburgs Beitrag im FREMO-NET beschrieben wird. Die Frachtenliste ist außerdem die Basis für die Erstellung der Frachtzettel; auch die Menge der für ein typisches FREMO- Treffen von 5 bis 10 Betriebstagen benötigten Frachtzettel lässt sich aus dieser Liste ermitteln. Für die Bereitstellung von Leerwagen für unsere Betriebsstelle muss durch die Erstellung von Leerwagenzetteln gesorgt werden. Damit kann keine ungewollte Zusendungen von Wagen stattfinden.
In diesem Zusammenhang noch ein Wort zu den so genannten "Binnenfrachten": Für den Versand von Gütern an die bekannten Bahnkunden anderer FREMO-Betriebsstellen brauchen keine Frachtzettel erstellt zu werden, da normalerweise jeder Betriebsstellenbesitzer für die von seinen "Kunden" benötigte Ware entsprechende Frachtzettel vorhält, die wir während der Fahrplansession von ihm erhalten können. Bei großen oder auch international besetzten Treffen könnte vor Betriebsbeginn oder vor jeder Betriebssession eine Tauschbörse zwischen den Betriebsstellenbesitzern für regen Austausch sorgen.