Zwischen H0RE und FREMO:87 – Der Finescale-Gedanke im FREMO.
Die H0fine-Gruppe trat mit einem Bericht in Hp1 Modellbahn Heft 2 2003 das erste Mal in die FREMO-Öffentlichkeit. Seither hat sich einiges getan, doch der Reihe nach.
Bereits bei der Gründung vor nunmehr 25 Jahren hatten die »Väter des FREMO«, inspiriert durch die seinerzeit in den USA praktizierte Beschäftigung mit der Modellbahn, die Weiterentwicklung des Modellbahnhobbys mit dem Ziel einer größtmöglichen Vorbildtreue im Sinn – und das in vielerlei Hinsicht. Es hieß damals vor allem, weg vom weit verbreiteten »Kreisverkehr« hin zum Konzept des Fahrens »Point-to-Point«, gepaart mit dem Gedanken des Spielens mit Sinn, wie es Ivo Cordes mit Beiträgen im Eisenbahn Magazin Mitte der 80er Jahre einem breiteren Publikum nahezubringen versuchte. Was aus dieser Idee entstanden ist, kann beim Besuch einer der zahlreichen FREMO-Treffen eindrucksvoll miterlebt werden.
Neben all den großen Fortschritten, die im FREMO auf vielen Gebieten in der Vergangenheit erzielt werden konnten – man denke nur an den Wechsel von der analogen Steuerung mithilfe der Ringleitung hin zur digitalen Steuerung nach NMRA-DCC-Standard – war doch bei einzelnen Themen ein Stillstand zu verzeichnen. Das Resultat war eine steigende Zahl von überalterten Modulen sowie technisch und optisch nicht überzeugenden Fahrzeugen, die im »rauen FREMO-Betrieb« Probleme bereiteten. Unebene Gleislage und schlecht justierte Kupplungen – um nur zwei Ursachen zu nennen – führten dazu, dass kaum ein Zug ohne Zugtrennung oder Entgleisung übers Arrangement gefahren werden konnte, was die Freude am Betrieb doch stark trübte. Diesen unschönen Zustand nahm erstmals Dieter Eckstein zum Anlass, um im Hp1 Modellbahn 4 2001 eine Qualitätsoffensive im FREMO zu starten, die eine Steigerung der Betriebssicherheit und damit eine Steigerung der Freude am FREMO-Betrieb zum Ziel hatte, und zwar durch eine Beschreibung der – neudeutsch ausgedrückt – »Best Practices« im »H0-Regelspur-Europa-Qualitätsstandard (H0-RE-QS)«. Dort wurden für den fortgeschrittenen Modellbahner Normen aufgestellt und Empfehlungen gegeben, die über die bisherigen H0-Europa-Normen hinaus gingen und deren Einhaltung automatisch die Verbesserung der (Spiel-)Qualität zur Folge hatte. Auch der seit Gründung des FREMO anvisierte RP25-Standard für Fahrzeuge wurde hierin endlich zur Norm erhoben.
Die Ideen von Dieter Eckstein und seinen Mitstreitern stießen nicht nur im Süden Deutschlands auf offene Ohren, wenngleich sie innerhalb der H0-Regelspur-Europa-Gruppe durchaus kontrovers diskutiert wurden und nicht ungeteilten Zuspruch fanden. Eine kleine Gruppe von FREMOMitgliedern entwickelte auf Basis dieser Qualitätsstandards eine weitergehende Idee, die beim Regionaltreffen in Schalksmühle 2003 zunächst im Zusammenschluss zu der FREMO-Gruppe »H0fine« mündete.
Die Idee lässt sich kurz in folgenden Stichpunkten skizzieren:
- Ein Rad-Schiene-System in Anlehnung an die NMRA S-3.1 (Gleise) und S-4.1 (Räder), das den Einsatz von Fahrzeugen mit nur 2,2 mm breiten Rädern bei einem Radsatz-Innenmaß von mindestens 14,76 mm erlaubt, was dem Gesamteindruck der gesuperten Fahrzeuge zugute kommt.
- Anspruchsvoller FREMO-Betrieb, der die Kenntnis der entsprechenden Regeln beim Vorbild voraussetzt. Einsteiger werden entsprechend instruiert, um die nötigen Kenntnisse zu erlernen. Nur technisch einwandfreie und optisch am Vorbild orientierte Module und Fahrzeuge kommen zum Einsatz. Die Einhaltung der geltenden H0fine-Normen wird bei Treffen sporadisch überprüft (z.B. die korrekte Kupplungshöhe mithilfe der FREMO-Lehre), mit der Konsequenz, dass Module und Fahrzeuge, die diese Normen nicht einhalten, von dem Betrieb ausgeschlossen werden können, um einen störungsfreien Betrieb sicherzustellen.
- Die Gleisanlagen sollen durch die weitgehende Einhaltung der beim Vorbild geltenden Mindestradien und Lichtraumprofile eine vorbildnahe Gleisgeometrie widerspiegeln, unterstrichen durch eine ebenso vorbildnahe Landschaftsgestaltung.
- Die Fahrzeuge sind vor dem ersten Einsatz bei Treffen den betrieblichen Anforderungen und geltenden Normen anzupassen, möglichst mit individuellen Betriebsnummern und leichten Betriebsspuren versehen. Und damit ist ein »Aus-der-Schachtel-auf-die-Anlage« ausgeschlossen; jedes H0fine-Mitglied soll so die Möglichkeit haben, seine individuell gestalteten Fahrzeuge im Betrieb zu erleben.
- Hohes technisches Niveau der Module und Fahrzeuge durch intensiven Erfahrungsaustausch und gemeinsame Bauaktionen, die diesen Erfahrungsaustausch ermöglichen, insbesondere durch die Unterstützung von Spezialisten auf dem jeweiligen Gebiet.
Damit positioniert sich die H0fine- Gruppe zwischen der großen Gruppe der H0-Regelspur-Europa-Anhänger und der FREMO:87-Gruppe, die den konsequenten Modellbau im Maßstab 1:87 mit einem sehr hohen Selbstbauanteil betreibt. Im Gegensatz dazu werden bei H0fine überwiegend Großserienfahrzeuge mit optischen und technischen Verbesserungen eingesetzt, wie sie von einem durchschnittlich begabten Modellbahner mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden können. Allein die Verfeinerung von Dampflok-Radsätzen stellt überdurchnittliche Anforderungen an das handwerkliche Geschick und die heimische Modellbahnwerkstatt und sollte deshalb besser von einem Fachbetrieb augeführt werden.
Seit der Gründung der H0fine-Gruppe wurde konsequent an dem Erreichen der selbst gesetzten Ziele gearbeitet, teils an bestehenden und teils an neu gebauten Betriebsstellen. Gleichzeitig wurde der Fahrzeugbestand normgerecht hergerichtet. So konnte im Jahr 2004 das erste, reine H0fine-Treffen in Heinsberg ausgerichtet werden, das die Tauglichkeit der Normen unter Beweis stellte, aber auch noch Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigte – etwa im Modulbau. Diese gilt es in der Zukunft weiterhin umzusetzen. Wir sind auf dem richtigen Weg.
(Veröffentlicht von Berthold Kaminski im Jubiläumsheft »Hp1 Modellbahn 2. und 3. Quartal 2006«; für das fremo-net überarbeitet 12 2008 durch Rüdiger Bäcker.)