Erstes Wiener "Hamstertreffen"
Von 14. bis 17. August 2008 hatte die FREMO-Gruppe Wien zu ihrem ersten Regionaltreffen eingeladen. Hierzu stand mit einem Turnsaal des Gymnasiums in der Ettenreichgasse in Wien-Favoriten ein Raum von ca. 375 m2 zur Verfügung.
Arrangement (++)
Beginnend im österreichischen Streckenast mit dem Betriebsbahnhof Lipa, der auf einer Höhe von nur 90 cm über Fußboden angeordnet war, führte eine eingleisige, nicht elektrifizierte Hauptbahn über eine Bergstrecke, die Wechselkehre, hinauf zum Bahnhof Obere Warth. Kurz vor der Station war das "normale" FREMO-Niveau von 130 cm über Boden erreicht. Die Bergstrecke zeigte mit mehreren Viadukten und Tunneln die typische Landschaft entlang der Bahn über den Wechsel (Strecke Wiener Neustadt - Aspang - Friedberg - Fehring - Graz). In einem Kehrtunnel wechselt die Bahn die Talseite, um immer weiter an Höhe zu gewinnen. Schwere Züge mussten nachgeschoben werden, und teilweise erreichten die Triebfahrzeuge auf der Rampe die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Der Schiebebetrieb stellte höchste Anforderungen an die Lokbesatzungen. Vor allem zu leichte Wagen wurden durch die teilweise doch recht hohen Kräfte aus der Kurve befördert. Trotz dieser betrieblichen Hemmnisse war es ein optischer Höhepunkt, einen Zug auf seiner Fahrt bergan über die kurvenreiche, mit Überhöhung versehene Steigung zu verfolgen.
Der Bahnhof Obere Warth bildete den Grenzbahnhof auf österreichischer Seite. Hier wurden die Lokomotiven der Durchgangsgüterzüge gewechselt. Im Personenverkehr blieb das österreichische oder deutsche Triebfahrzeug den ganzen Laufweg über am Zug. Im weiteren Streckenverlauf überquerte die Strecke die Grenze und erreichte den deutschen Bahnhof St. Olmat, dessen Empfangsgebäude im Hundertwasserstil die Blicke der Fahrgäste auf sich zog. Hier waren auch erste Bauarbeiten zur Streckenelektrifizierung zu erkennen. Nach einer weit gezogenen Kurve endete das Arrangement im Betriebsbahnhof Windach.
Zusätzlich zweigte in Obere Warth eine weitere Strecke ab. Diese führte zunächst in einer engen Rechtskurve und einer weiteren Linkskurve zum Anschluss Hruska. Vorbei an der aufgelassenen Blockstelle Dresig, wo noch Reste der einstigen Schmalspurbahn in bosnischer Spurweite (760 mm) bewundert werden konnten, zog sich die Strecke in leichter Steigung und anschließendem Kehrtunnel zur Anschlussstelle Kalkofen. Dieser Betrieb, einem realen Vorbild nachempfunden, wurde vom nächstfolgenden Bahnhof Zwettl aus von einer privaten Gesellschaft bedient. Zwettl bildete den betrieblichen Mittelpunkt dieser Strecke, die von dort aus nach einer großzügigen Linkskurve im Bahnhof Oberschützen endete.
Betrieb (teils ++, teils -)
Thomas Kurz hatte für dieses Treffen einen anspruchsvollen Fahrplan entworfen. Neben internationalen Schnellzügen auf der Hauptbahn bedienten im Lokalverkehr mehrere regionale Züge das Arrangement. Den Anschluss der Zwettler Strecke an die weite Welt stellten Kurswagen sicher. Der Güterverkehr für DB und ÖBB wurde aus den beiden Betriebsbahnhöfen abgewickelt. Für den grenzüberschreitenden Verkehr und Wagenaustausch zwischen Lipa und Windach standen zwei Durchgangsgüterzug-Paare zur Verfügung, die einander in Obere Warth kreuzten. Der dichte Fahrplan brachte Bahnhof und Fahrdienstleiter Obere Warth oft an die Kapazitätsgrenze. Verspätungen waren die Folge. Ein bis zwei Zugpaare weniger hätten den Stress deutlich vermindert.Im Betrieb kamen fein geätzte und bemalte Zugschluss-Scheiben zum Einsatz. Wenn ein Zug ohne ein solches Schlusssignal in einem Bahnhof ankam, musste die Strecke nach verlorengegangenen Waggons abgegangen werden.
Rahmenprogramm (++)
Am Mittwoch, den 13.8.2008, gab es abends eine von Helmut Schober organisierte Sonderfahrt mit einer Oldtimer-Straßenbahn quer durch Wien. Die Fahrt mit einer M1+m3 Garnitur (in Betrieb seit 1930) ging vom "Alten Landgut" in unmittelbarer Nähe der Halle über die Baustelle des künftigen Zentralbahnhofs vorbei am Schloss Belvedere zunächst in die Innenstadt und über die Ringstraße mit ihren historischen Prunkbauten (Staatsoper, Hofburg, Kunsthistorisches und Naturhistorisches Museum, Parlament, Rathaus, Burgtheater, Universität, Votivkirche, Börse). Weiter ging es über die Donau bis nach Stammersdorf. Die Sonderfahrt endete in Großjedlersdorf mit einem Besuch eines Wiener "Heurigen".
Die Versorgung während des Treffens kann man nur als exzellent bezeichnen. Die Organisatoren hatten sich bei der Auswahl des Essens auf typische österreichische Gerichte festgelegt. Die Mittagessen wurden von einem Gastwirt geholt und den hungrigen Fremoikanern vor der Halle bereitgestellt, das Abendessen und Frühstück wurde in Eigenregie zubereitet, sodass allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern möglichst viel Zeit für den Betrieb zur Verfügung stand.
Teilnehmer und Teilnehmerinnen (++)
Zahlreiche FREMO-Mitglieder aus Deutschland und Österreich nahmen mit oder ohne Module teil, und neben einigen schon bekannten ungarischen Eisenbahnfreunden konnten wir auf dem Treffen auch polnische Modelleisenbahner begrüßen, von denen einer nicht nur wunderschöne Bilder gemacht hat, sondern auch einen Treffenbericht in polnischer Sprache verfasst hat. Europa und der FREMO wachsen weiter zusammen.
Erfreulich war der hohe Anteil an Frauen und Jugendlichen, die sich aktiv am Betriebsgeschehen beteiligten.
Fazit (+)
Das erste Treffen in Wien kann man mit ruhigem Gewissen als gelungen bezeichnen, obwohl zu Beginn des Treffens doch einiger Frust aufkam, da ein Bahnhof noch nicht betriebsbereit war, sodass sich der erste Fahrplan etwas verzögerte.
Text: Marcus Kircher
Die Gäste fühlten sich genauso wohl wie die zahlreichen Hamster, die in der angrenzenden Wiese Quartier bezogen hatten.