Mammendorf 2024
Seit 2014 ist das Regionaltreffen Südbayern ein etablierter Bestandteil im FREMO-Kalender. americaN war von Anfang an dabei. Zum kleinen Jubiläum lockte das Treffen auch zahlreiche norddeutsche Gruppenmitglieder an, nicht zuletzt, weil über die Jahre immer wieder vom Treffen geschwärmt wurde, sowohl bezüglich des Veranstaltungsortes, der hervorragenden Organisation und Verpflegung vor Ort als auch wegen einer bayrischen Gaststätte mit Hotelbetrieb im Nachbarort. Und aus Norddeutschland wurden auch die Arrangement- und Betriebsplanung, sehr viele Module sowie wesentliche Bestandteile der technischen Infrastruktur beigesteuert.
Das Arrangement
Erstmals sollte in Mammendorf die Transition Era, also die 50er Jahre gespielt und somit auch Timetable and Trainorder, kurz TT&TO, als Zugsicherungsverfahren genutzt werden. Das von Peter hervorragend geplante Arrangement aus rund 100 Modulmetern war dementsprechend konzipiert: eine Mainline mit langen Strecken zwischen den Betriebsknoten und der Verzicht auf Anschließer auf freier Strecke, ergänzt durch Branchlines mit vielen Anschließern.
Vom östlichen Schattenbahnhof Sarah Creek Yard ging es über Boonford Junction nach Manaukee. Boonford Junction bot nach Norden den Anschluss nach Kanada, betrieblich dargestellt durch den Schattenbahnhof Northtown. Nach Süden führte der Schienenstrang nach Oakesdale. Dort endete der Personenverkehr. Ein paar Meilen weiter wurde das Küstenstädtchen Winthorp erreicht, wo noch der eine oder anderer Anschließer und ein Getränke-Abfüller im Güterverkehr bedient wurden.
Die lange Strecke von Manaukee bis zum betrieblichen Mittelpunkt Hoquiam wurde durch die Clear Creek Siding zweigeteilt. Am Ende der Siding zweigte die Branchline nach Fremont ab. Von Hoquiam mit seinem ausgedehnten Bahnanlagen samt Engine Service zweigte die Nebenstrecke nach Trunklaid Valley ab.
Weiter nach Westen zwängte sich die Hauptstrecke durch den Wolf Creek, um anschließend das von Getreidesilos geprägte Meliwatha zu erreichen. Der südöstlich gelegene South Tacoma Industry District wurde von Meliwatha aus bedient. Die Mainline endete im westlichen Schattenbahnhof Parkwater Yard.
Der Aufbau des Arrangements ging zügig vonstatten, auch weil wir wieder ausschließlich wiFREDs nutzten und sich somit der zeitraubende und fehleranfällige Aufbau des Loconets erübrigte. Dank vieler fleißiger Hände stand am Abend des Aufbautages auch die Startaufstellung betriebsbereit auf dem Arrangement.
Das Betriebskonzept
Von Dirk wurde das Betriebskonzept ausgearbeitet: Das Streckennetz stand unter der Betriebshoheit der Northern Pacific Railway, wegen Trackage Rights und akutem Lokmangel waren aber auch Maschinen der Atchinson, Topeka and Santa Fe Railway, kurz Santa Fe, und der Union Pacific Railroad zu sehen. Im Fahrplan waren sechs Zugpaare enthalten: auf der Hauptstrecke zwei Personenzug- sowie ein Postzugpaar als First Class Trains. Als Second Class Trains verkehrten die Personenzüge, welche die drei Branchlines bedienten, wobei zwei der Zugpaare teilweise auch die Mainline nutzten. Einige dieser Züge führten Post- und Kühlwagen, die in den Knotenbahnhöfen rangiert und an andere Züge übergeben werden mussten.
Eine Reihe von Extras waren für die Abwicklung des Güterverkehr erforderlich: Manifest Trains auf der Hauptstrecke brachten die Frachten zu den Knotenbahnhöfen bzw. holten dort die Wagen ab. Die Anschließer der Knotenbahnhöfe wurden mit den morgendlichen Zügen bedient, während die Wagen für die Branch Lines mit den späteren Zügen geliefert wurden, diese aber erst am nächsten Tag zugestellt werden mussten. Somit war sichergestellt, dass die Rangiertätigkeiten in den Knotenbahnhöfe für die Lokalgüterzüge schon mit Fahrplanbeginn beginnen konnten.
Die Lokalgüterzüge auf den Branchlines nahmen ihren Dienst am Streckenende auf, räumten die Anschließer leer und tauschten die Outbounds in den Knotenbahnhöfen gegen die Inbounds, die dort jeweils am Morgen des Fahrplantags zusammengestellt wurden.
Vervollständigt wurde das Zugangebot durch einen Through Freight auf der Hauptstrecke, der in Hoquiam die Traktion wechselte, ein Holz-, ein Kohlezugpaar sowie fallweise durch einen in Northtown startenden Arbeitszug, dessen Einsatzort ausgewürfelt wurde.
Der Betrieb unter TT&TO
Unter TT&TO hat der Dispatcher einen eher ruhigen Job, solange er nicht in den Fahrplanablauf eingreift oder eingreifen muss. Die wesentliche Aufgabe besteht im Losschicken der Extras zu einem geeigneten Zeitpunkt und dem Verfolgen ihres Zuglauf. Über Train Orders muss der Dispatcher vor allem die Kreuzungs- und Überholstationen festlegen. Aber auch die Fahrplanzüge können über Train Orders orchestriert werden, beispielsweise um Kreuzungspunkte zu verlegen oder ein Fahren auf Sicht anzuordnen.
Für die Zugmannschaften ist es je nach Zugklasse einfach bis kompliziert. Wichtig ist, dass die Zugmannschaften ihre Ankunfts- und Abfahrtszeiten im Train Register von sogenannten Train Register Stations eintragen. Nur so können die Zugmannschaften erkennen, ob ein Zug mit einer höheren Priorität, auf desssen Kreuzung oder Überholung sie warten müssen, die Train Order Station schon erreicht oder passiert hat. Train Order Stations waren in Mammendorf die Schattenbahnhöfe, die Knotenbahnhöfe, die Terminals der Branchlines sowie die Siding vor der No Name Junction. In letzterer mussten sich auch alle Züge beim Dispatcher melden, der ansonsten keine unmittelbare Rückmeldung zur Position der Züge hat.
Der technische und organisatorische Aufwand beim TT&TO-Betrieb ist ungleich höher als bei TWC: Heiko steuerte die WLAN-gesteuerten Uhren bei, die gut sichtbar in der Halle aufgehängt waren. Von Wolfgang wurden traditionell der Fahrplan, das Streckenschema zur Orientierung und die wichtigsten TT&TO-Regeln als Unterlage für Zugmannschaften und Bahnhofspersonal gestaltet. Dirk steuerte Klemmbretter für die Train Register Stations bei. Train Register Stations ohne Ortspersonal waren mit einem Call Light ausgestattet, das einer passierenden Zugmannschaft fallweise signalisierte, dass sie eine Train Order vom Dispatcher entgegennehmen musste. Die Kommunikation zwischen den Train Register Stations und dem Dispatcher erfolgte der Einfachheit halber per Funk, beim Vorbild standen dafür Morse-Telegrafen oder Telefone bereit.
Gewürzt wurde der Betriebsablauf noch dadurch, dass die Dampfloks nur eine begrenzte Zeit ohne Wasserfassen fahren durften: nach zehn Minuten Echteit musste der nächste Wasserkran angefahren werden und dort der Wasservorrat erneuert werden. Anhand des Fahrplans, der aktuellen Train Orders, der Einträge in den Train Register Sheets sowie des noch vorhandenen Wassers im Tender mussten die Zugmannschaft dann entscheiden, ob sie ohne Kollisionsgefahr die nächste Ausweichstelle erreichen können. Ein digitaler Kurzzeitmesser mit Countdown gehörte daher zur Ausstattung einer Dampfzug-Mannschaft. An z.T. "fliegend" aufgestellten Wassertürmen simulierte eine Sanduhr mit ein oder zwei Minuten Laufzeit die Zeit zum Wasserfassen der Lok.
Das Durchspielen eines Fahrplans in Mammendorf dauerte rund 4:30 Stunden Echtzeit. Dirk plante nicht mit schneller getakteter Modellzeit, der Betriebstag begann um 7:00 Fahrplanzeit und der letzte Zug erreichte hoffentlich planmäßig um 11:30 Uhr sein Ziel. Zwar verstreicht damit nicht viel Zeit bei den Zugläufen zwischen den Stationen, andererseits musste man Fahrplanzeiten nicht in Echtzeit umrechnen, um beispielsweise die Zeit bis zum Dienstbeginn eines Jobs zu ermitteln. Insgesamt haben wir fünf Fahrplantage durchgespielt. Dazwischen war auch mal "Freies Fahren" angesagt.
Und sonst...
Das Treffen hat allen Beteiligten riesig Spaß gemacht: die "Angst", die der eine oder andere eventuell vor TT&TO hatte, erwies sich als unbegründet. Auch weil das Planungsteam Peter und Dirk wirklich tolle Vorarbeit geleistet hatten.
Und jene Erst-Teilnehmer, die Treffen mit mehreren FREMO-Gruppen eher skeptisch gegenüber standen, waren vom Treffen in Mammendorf ziemlich begeistert. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass der Teilnehmerkreis bei americaN zukünftig weit über den Einzugsbereich eines üblichen Regionaltreffens hinaus geht.
Bilder und Videos
Weitere Bilder sind beispielsweise in diesem Google Foto-Album zu finden. Bewegte Eindrücke finden sich auf YouTube in der Playlist zu americaN-Treffen.
Unterlagen zum Treffen
Die relevanten Unterlagen zum Betrieb sind in diesem ZIP-Container gespeichert.
Text und Bilder: Bernd Schneider